Luftfahrwerk – typische Fehler – Discovery 3/4
Das Luftfahrwerk des Land Rover 3 und 4 ermöglicht eine beeindruckende Geländegängigkeit des Fahrzeuges und gleichzeitig einen sehr hohen Fahrkomfort. Zudem ist es aufgrund des Luftfahrwerks möglich das Fahrzeug (serienmäßig) um 55mm anzuheben (Geländehöhe) oder um 50mm abzusenken (Einstiegshöhe).
Setzt das Fahrzeug auf, aktiviert das Fahrzeug zusätzlich den erweiterten Modus, der allerdings nicht von Hand aktiviert werden kann und hebt das Fahrzeug um weitere 30mm an. In diesem erweiterten Zustand ist eine manuelle Anhebung des Fahrzeuges durch langes (min. 3s) Drücken der Taste „hochfahren“ bei gleichzeitig betätigter Bremse möglich. Das Fahrzeug fährt jetzt in die maximal erreichbare Höhe.
Der erweiterte Modus wird verlassen, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit höher wird als Schrittgeschwindigkeit.
Der Geländemodus wird automatisch verlassen, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit höher wird als 50km/h.
Die Zugangshöhe wird automatisch verlassen, wenn die Fahrzeuggeschwindigkeit 10km/h überschreitet.
Bei einer Fahrgschwindigkeit von mehr als 160km/h (für min. 5s) wird automatisch die Hochgeschwindigkeitshöhe aktiviert, dabei wird das Fahrzeug aus der normalen Höhe um 20mm abgesenkt. Dieser Modus wird beendet, wenn das Fahrzeug für mehr als 30s unterhalb einer Geschwindigkeit von 130km/h bewegt wird.
Hinweis: Das Öffnen einer Tür pausiert die Höhenänderung des Fahrwerks. Diese wird fortgesetzt, wenn die Tür innerhalb von 90s wieder geschlossen wird.
Leider kommt es gelegentlich zu Fehlern im Luftfahrwerk die sich dann durch eine gelb oder rot aufleuchtende Aufhängungswarnleuchte (PKW Symbol mit drei Pfeilen) und durch diverse Fehlermeldungen (Aufhängungsfehler, Anhebung erst wenn System abgekühlt ist, nur normale Höhe verfügbar, etc.) bemerkbar machen.
Diese Fehler haben unterschiedliche Ursachen, wobei wir ein paar dieser Ursachen hier einmal durchgehen wollen. Dazu aber zunächst ein paar Zeilen Theorie zum Luftfahrwerk des Land Rover Discovery.
Aufbau des Luftfahrwerks
Das Luftfahrwerk besteht im wesentlichen aus einem Luft-Kompressor, der den Luftdruck aufbaut und einem Luft-Leitungssystem, welche die Luft vom Kompressor an die 4 Luftbälge an den 4 Rädern verteilt. An der Vorderachse und an der Hinterachse gibt es jeweils einen Ventilblock, der die Luftzufuhr an die jeweilige Achse zuschalten und verriegeln kann. Zwischen Vorder- und Hinterachse befindet sich ein zusätzlicher Luftspeicher, der über einen dritten Ventilblock der direkt am Kompressor verbaut ist mit Luft gespeist wird. Der Kompressor ist zudem direkt mit dem vorderen und hinteren Ventilblock über eine Leitung verbunden, so dass alle Systeme den gleichen Druck zur Verfügung haben (die sogenannte Gallery).
In dieser Gallery befindet sich ein Drucksensor, der beispielsweise mit einem Diagnosegerät ausgelesen werden kann. Die Ventilblöcke an der Vorder- und Hinterachse verfügen jeweils über 4 Anschlüsse. Ein Anschluss ist jeweils direkt mit dem Kompressor verbunden, der zweite mit dem Luftspeicher. Die beiden Ausgänge sind mit den Luftbälgen an den Rädern verbunden.
Zudem existiert an jedem Rad ein Sensor zur Erfasung der Höhe des jeweiligen Rades, der mit einer Koppelstange mit der Radaufhängung verbunden wird. Der Kompressor befindet sich vor dem Hinterrad der linken Fahrzeugseite, das elektronische Steuergerät des Luftfahrwerkes befindet sich hinter der A-Säule auf der Fahrerseite.
In der Gallery sollte im normalen Betrieb ein Druck von ca. 15bar – 18bar anliegen. Der maximale Druck der in der Gallery anliegen sollte beträgt ca. 23bar, wobei die Gallery Drücke von bis zu 35bar mechanisch ertragen kann.
Wird der Motor abgestellt, kann der Kompressor auch nicht mehr anlaufen. Ein Anheben des Fahrwerks ist somit bei stehendem Motor (zur Batterieschonung) nicht möglich. Zudem wird beim Abstellen des Motors und nach dem Verriegeln der Türen die Fahrzeughöhe so nivelliert, dass das Fahrzeug wieder möglichst in Waage steht. Dies merkt man besonders dann, wenn schwere Personen/Gegenstände aus dem Fahrzeug aussteigen/entnommen werden, und das Fahrzeug dann sichtbar absinkt.
Wenn das Fahrzeug sich nivelliert hat ist häufig ein schlürfendes Geräusch zu vernehmen. Dieses – häufig auch als Disco-Pfurz bezeichnete Geräusch – wird durch das Ablassen des Druckes in der Gallery des Systems verursacht und ist völlig normal. Im abgestellten Zustand liegt nur hinter den Ventilblöcken zu den Rädern und im Druckspeicher weiterhin der Systemdruck an. Die Gallery und der Kompressor sind drucklos.
Die Luftfederung des Discovery nivelliert sich alle 6 Stunden auch im Stillstand automatisch (außer bei abgeklemmter Batterie). Da der Kompressor nicht gestartet wird, kann diese Korrektur aber nur durch Druck ablassen, also nach unten erfolgen.
Fahrwerk Höhenänderung
Bei einer Änderung der gewünschen Höhe des Fahrwerkes wird ein neuer Sollwert für die Höhe jedes einzelnen Rades vorgegeben. Das Steuergerät stellt somit fest, dass der aktuelle Ist-Wert des Rades nicht mehr dem Sollwert des Rades entspricht und erhöht entweder den Druck im Balg oder senkt diesen ab. Bei einem hohen Druck in der Gallery kann das System dafür entweder das Ventil zur Gallery öffnen, alternativ kann das System den Kompressor starten und das Ventil zur Direktverbindung zum Kompressor öffnen. Durch die Nutzung des Speichers können kleine Druckänderungen sehr schnell umgesetzt werden, ohne das jedes mal der Kompressor anlaufen muss.
Typische Fehlermeldungen und mögliche Ursachen
Aufhängungsfehler während einer zügigen Geländefahrt:
Bei einer zügigen Geländefahrt kann es dazu kommen, dass die Höhensensoren an den Rädern derart viele sich stark verändernde Signale an die Elektronik der Luftfederung senden, dass diese permanent und sehr schnell versucht durch Öffnen und Schließen der Ventile Druckausgleiche vorzunehmen. Irgendwann kommt die Elektronik nicht mehr hinterher und schaltet ab. Im Display erscheint die Fehlermeldung mit dem Ziel den Fahrer auf das Herabsetzen der Belastung hinzuweisen.
Ein Neustarten des Fahrzeuges oder ein Löschen des Fehlers behebt diesen Fehler normalerweise, wenn keine Schäden entstanden sind.
Absacken des Fahrzeuges aufgrund von Druckverlust
Ein schleichender Verlust von Luftdruck im System macht sich beispielsweise dadurch bemerkbar, dass das Fahrzeug nach einer längeren Standzeit abgesunken ist. Aufgrund der Tatsache, dass die Luftfederung alle 6 Stunden auch bei abgestelltem Motor das Fahrzeugniveau nivelliert, ist häufig nicht zu erkennen an welchem Rad der Druck entweicht, sondern das Fahrzeug liegt ganzheitlich tiefer. Diese automatische Niveauangleichung kann aber durch ein Abklemmen der Batterie deaktiviert werden, so dass herausgefunden werden kann an welcher Stelle der Druck am ehesten entweicht.
Die Fehlersuche sollte in diesem Fall in dem Bereich zwischen dem abgesunkenen Rad und dem zugehörigen Ventilblock beginnen. Dabei sollte insbesondere auch der Ventilblock auf Leckagen untersucht werden, hilfreich ist dabei ein Lecksuchespray.
Kompressor überhitzt – Anhebung erst möglich, wenn System abgekühlt ist
Am Kompressor befindet sich eine Temperaturüberwachung. Wenn die Temperatur des Kompressors zu hoch wird, folgt im Display diese Fehlermeldung und die Funktion des Kompressors wird unterbrochen, bis die Temperatur wieder abgesunken ist. Der Fehler tritt häufig auf, wenn sehr viele Höhenänderungen in kurzer Zeit angefordert werden oder wenn der Kompressor aufgrund von Leckagen den Druck nicht in der gewohnten Zeit aufbaut und somit sehr lange durchläuft ohne dass er Abkühlen kann.
Zur Behebung des Fehlers sollten die Leckagen eliminiert werden. Auch eine Wartung des Kompressors und der darin befindlichen Dichtungen ist eine mögliche Fehlerbehebung. Dafür gibt es spezielle Kompressor-Wartungskits. Aber nicht jeder Kompressor taugt noch für eine Wartung, manchmal muss einfach ein neuer her.
Wenn Leckagen im System sind ist dies natürlich eine weitere Ursache für ein Überhitzen des Kompressors. Der Kompressor versucht den Solldruck aufzubauen, es entweicht aber kontinuierlich etwas Luft aus dem System. Der Kompressor arbeitet also deutlich länger als normal, wodurch das System überhitzt.
Kompressortausch – AMK und Hitachi
Bis etwa 2012 hat Land Rover einen Luftkompressor von der Firma Hitachi im Discovery verbaut. Bei einer guten Pflege und Wartung und wenig extremer Offroad Nutzung kann dieser auch durchaus sehr lange halten, aber es wird auch oft von Problemen damit berichtet. Daher hat Land Rover ab den 2012er Modellen einen etwas leistungsfähigeren Kompressor von AMK verbaut, der auch über eine längere Standzeit verfügen soll. Zu beachten ist, dass die Temperatursensoren in den beiden Kompressoren unterschiedlich sind (einer hat einen PTC, der andere einen NTC) wodurch nach einem Austausch ein Softwareupdate erfolgen muss. Alternativ kann man beim Tausch auf den AMK Kompressor den Temperatursensor vom Hitachi beibehalten.
Aufhängungsfehler direkt nach dem Motorstart
Beim Auschließen des Fahrzeuges und besonders beim Aktivieren der Zündung (per Zündschlüssel) durchläuft das Fahrzeug einen Selbstcheck. Wenn dieser nicht abwartet wird und der Zündschlüssel zu schnell ganz durchgedreht wird, kommt es häufig zu einer Fehlermeldung. Hier hilft meist ein Neustart mit etwas mehr Geduld um das Problem zu vermeiden.
Aufhängungsfehler durch elektronische Fahrzeughöherlegung
Eine elektronische Fahrzeughöherlegung (IID Tool, XLifter, Anitas) verändert den Wert den die Höhensensoren an die Fahrzeugelektronik übermitteln, so dass die Fahrzeugelektronik davon ausgeht, dass Fahrzeug sei zu niedrig (bei einer el. Tieferlegung natürlich umgekehrt). Folglich hebt die Fahrzeugelektronik das Fahrzeug weiter an, dadurch entsteht die Höherlegung. Die Sensoren zur Ermittlung der Fahrzeughöhe haben aber nur einen bestimmten Bereich, in dem diese sauber funktionieren. Leider sind die Sensoren zudem häufig nicht so verbaut und kalibriert, dass sie in beide Richtungen (hoch und runter) gleich viel Spielraum zur Verfügung haben.
Beispiel:
Angenommen ein Sensor hat in der Ausgangssituation einen Messbereich von -100 bis +100 und steht aufgrund eines nicht optimalen Einbaus und Kalibrierung in der Standardstellung schon bei einem Wert von +30.
Nun wird eine elektronische Höherlegung von +20mm eingestellt, wodurch der Sensor auf einen Wert von +50 ansteigt. Jetzt aktiviert der Fahrer die Geländehöhe, wodurch erneut ein Anstieg um +55 hervorgerufen wird. Der Wert des Sensors würde nun auf +105 gehen. Sein Wertebereich endet aber bereits bei +100, somit geht der Sensor in den Endanschlag –> die Folge ist ein Aufhängungsfehler. Genauso kann es natürlich beim Absenken passieren.
Sofern die Aufhängungsfehler also nach einer elektronischen Höherlegung auftreten, kann auch dies die Ursache sein.
Leckage suchen im Luftfahrwerk
Leckagen im Luftfahrwerk äußern sich meist dadurch, dass das Fahrzeug nach längerer Standzeit insgesamt abgesenkt ist. Um genauer Herauszufinden wo sich im Luftsystem eine Leckage befindet kann folgender Trick verwendet werden: Das Fahrzeug wird vor dem Abstellen in die Geländehöhe gefahren. Anschließend wird die Batterie abgeklemmt und das Fahrzeug wird stehen gelassen. Normalerweise gleicht das Fahrzeug die Höhe alle 15min aus, so dass das Fahrzeug nicht schief stehen kann. Bei abgeklemmter Batterie hat das Fahrzeug jedoch keine Spannung und kann somit auch keine Ventile ansteuern bzw. die Höhenänderung gar nicht registrieren (Steuergeräte haben ja auch keinen Strom). Somit sinkt das Fahrzeug dann nur an dem Rad (oder der Achse) ab, wo die Leckage ist. Alle anderen Ventile sind ja geschlossen. Auf diese Weise kann sehr gut eingegrenzt werden, wo man nach dem Fehler suchen muss.
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